Amiga PiStorm (Teil 1)
- Amiga 500 oder 2000 (mit CPU Relocator)
- PiStorm Adapter
- Raspberry Pi 3 Version 3A+
- MicroSD Karte



Der Prozessor ist einer der essentiellen Komponenten des Computers. Viele Turbo-Karten sowie Speichererweiterungen für den Amiga werden zwischen CPU und dessen Sockel gesteckt. Das ermöglicht einen schnellen Datenaustausch. Die PiStorm-Erweiterung bietet nicht nur die Möglichkeit, einen schnellen Prozessor zu emulieren, sondern einiges mehr. Zugriff auf Kickstart-Roms, HDF-Images und das Bereitstellen von jeder Menge Arbeitsspeicher sind nur einige der Fähigkeiten der PiStorm. In dieser Anleitung wird beschrieben, wie die PiStorm-Erweiterung verwendet und konfiguriert wird.

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Quellen dieser Anleitung:
- github.com/captain-amygdala/pistorm von captain-amygdala (Siehe Lizenz)
- tech.webit.nu
Inhaltsverzeichnis Teil 1
• Was ist die PiStorm-Erweiterung?
• Raspberry Pi Kompatibilität
• PiStorm Installation
• Die SD-Karte einrichten
• Raspberry Pi OS konfigurieren
• PiStorm einrichten und starten
• Den Amiga ordnungsgemäß ausschalten
Bevor es losgeht, noch ein paar Hinweise (Wichtig!)
- Am Raspberry Pi darf keine zusätzliche Stromversorgung angeschlossen werden. Der Raspi wird über den CPU-Sockel mit Spannung versorgt. Eine zusätzliche Spannungsversorgung am USB-Anschluss des Raspberry Pi's kann die PiStorm sowie den Amiga beschädigen!
- Die SD-Karte wird bei der Installation von Raspberry Pi OS unwiderruflich gelöscht. Erstelle ein Backup der Daten vor der Installation.
- Es sollte ein Netzteil mit genügend Leistung verwendet werden.
- Der Amiga darf nicht einfach ausgeschaltet werden, indem die Spannungsversorgung unterbrochen wird, da das Betriebssystem auf den Raspberry Pi zuerst ordnungsgemäß heruntergefahren werden muss.
- Arbeite an der Hardware nur im spannungsfreien Zustand. Stecke die Erweiterung nur auf den Rechner wenn dieser ausgeschaltet ist.
- Beachte, dass das Metallgehäuse der Amiga 500 Tastatur die PiStorm berührt und so einen Kurzschluss verursachen kann! Zwischen PiStorm und Tastatur muss eine Isolationsschicht aufgebracht werden, oder noch besser ein CPU-Relocator verwendet werden.
- Vermeide statische Ladungen durch das Berühren eines geerdeten Objektes, wie beispielsweise einen Heizkörper. Oder verwende ein antistatisches Armband.
- Ich übernehme keine Verantwortung für Schäden, die direkt oder indirekt durch diese Anleitung entstanden sind.
Was ist die PiStorm-Erweiterung?
Die kurze Antwort: PiStorm emuliert und ersetzt den Motorola 68K Prozessors der Systeme Amiga 500, 2000 und 1000.
Die etwas längere Fassung: PiStorm besteht aus einem Raspberry Pi und einer Adapter-Platine. Die Adapter-Platine verbindet den Prozessor-Sockel mit den GPIO Pins des Raspberry Pi's. Der Raspberry Pi emuliert nach erfolgter Konfiguration den Prozessor, wahlweise ein 68000, 68010, 68EC020, 68020, 68EC030, 68030, 68EC040, 68LC040, 68040 oder SCC68070. Dies soll den Amiga laut Angaben des Entwicklers auf eine Geschwindigkeit eines mit 100-125MHz getakteten 68030er System beschleunigen. Des Weiteren kann der Amiga auf 128Mb (und mehr) Arbeitsspeicher des Raspi's zugreifen. Die PiStorm ermöglicht außerdem das Einbinden von Kickstart-Roms und von HDF-Images. Eine RGB-Emulation über den HDMI-Ausgang sowie die Verbindung mit einem WLAN-Netzwerk gehört ebenfalls zu den zahlreichen Möglichkeiten die die PiStorm-Erweiterung bietet.

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Raspberry Pi Kompatibilität
Die momentan einzige kompatible Raspberry Pi-Variante ist das Modell 3A+. 3B+ funktioniert, aber aufgrund von Platzproblemen passt dieser nicht, es sei denn, der Pi selbst wird modifiziert oder eine "GPIO-Verlängerung" installiert. Der Raspberry Pi Zero und 2/4 können derzeit nicht mit dem PiStorm verwendet werden. Eine Unterstützung inkompatibler Raspberry Pi-Modelle ist momentan nicht geplant. Der Amiga CDTV wird zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Anleitung nur teilweise unterstützt. Zwar soll das System mit PiStorm laufen, aber der Zugriff auf das CD-Laufwerk ist Glückssache und funktioniert nur sporadisch, solange die Firmware nicht für das System optimiert wird.
PiStorm Installation
Die Installation der PiStorm-Erweiterung ist denkbar einfach. In diesem Beispiel wird die Montage in einem Amiga 500 gezeigt. Trenne den Amiga von der Spannungsversorgung und öffne den Rechner. Evtl. muss das Schutzblech entfernt werden. Dieses kann nach der Installation der PiStorm aus Platzgründen nicht mehr verwendet werden, was keineswegs schlimm ist. Anschließend muss der Prozessor entfernt werden.
Hinweis: Vorsicht beim Aushebeln des Prozessors. Verwende geeignetes Werkzeug, wie beispielsweise einen Chip-Extraktor. Das geht zwar auch mit einem Schraubenzieher, aber im schlimmsten Fall zerkratzt oder beschädigt man die Leiterbahnen des Mainboards oder die Beine des Prozessors werden verbogen.

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Dann wird der PiStorm-Adapter in den CPU-Sockel gesteckt. Achte darauf, dass der Adapter korrekt in den Sockel gesteckt wird. Sonst könnten die Beinchen des PiStorm-Sockels brechen oder die PiStorm-Erweiterung aus dem Sockel fallen. Wichtig: Stelle sicher, dass die Kerbe des PiStorm-Adapters mit der Kerbe des Prozessors übereinstimmen! Andernfalls wird die Erweiterung und/oder der Amiga beschädigt.
Im letzten Schritt wird der Raspberry Pi auf den PiStorm-Adapter gesteckt und zwar so ausgerichtet, dass der SD-Kartenslot zur Rückseite des Amigas schaut.

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Die Montage ist abgeschlossen. Noch ein letzter Hinweis (Wichtig): Der Raspberry Pi wird von der Spannung des Prozessor-Sockels eingespeist. An den USB-Port des Raspberry Pi darf KEINE 5V Spannungsversorgung angesteckt werden! Dies würde den Amiga beschädigen!
ACHTUNG! Kurzschluss-Gefahr!: Beachte, dass das Metallgehäuse der Amiga 500 Tastatur die PiStorm berührt und so einen Kurzschluss verursachen kann (Siehe folgendes Bild). Zwischen PiStorm und Tastatur muss eine Isolationsschicht aufgebracht werden, oder noch besser ein CPU-Relocator verwendet werden.

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Die SD-Karte einrichten
Ist die PiStorm korrekt installiert, dann geht es weiter zur Einrichtung der MicroSD-Karte. Wir installieren Raspberry Pi OS Lite auf der Karte, welches ohne Desktop ausgeliefert wird. Zur Installation eignet sich das Tool "Raspberry Pi Imager" welches für Windows, MacOS und Ubuntu verfügbar ist. Damit lässt sich im Handumdrehen ein beliebiges Betriebssystem auf der Karte installieren.
Stecke die MicroSD-Karte in das Kartenlesegerät, öffne den Raspberry Pi Imager und wähle "Raspberry Pi OS (other)" -> "Raspberry Pi OS Lite (32-bit)".

Wähle im nächsten Schritt die MicroSD-Karte auf der das Betriebssystem kopiert werden soll. Vorsicht: Stelle sicher, dass wirklich die korrekte Karte ausgewählt wurde, denn evtl. vorhandene Daten werden unwiderruflich gelöscht!
Mit Write startet der Kopiervorgang. Ist die Installation abgeschlossen, dann stecken wir die Karte in den Raspberry Pi. Anschließend schließen wir am HDMI-Port einen Monitor und an den USB-Port eine Tastatur an.
Raspberry Pi OS konfigurieren
Wird der Amiga eingeschaltet, sollten wir sehen, wie Raspberry Pi OS Lite bootet. Das erste Mal dauert der Vorgang etwas länger, weil die Karte eingerichtet wird. Im Anschluss werden wir nach den Zugangsdaten gefragt. Gib folgende Daten an:
Username: pi
Password: raspberry
Hinweis: Beachte bei der Eingabe des Passwortes, dass möglicherweise das Tastaturlayout nicht mit den Tasten übereinstimmt. In diesem Fall sind die Tasten Z und Y vertauscht.

Haben wir uns eingeloggt, starten wir als erstes das Konfigurationstool "raspi-config". Gib dazu folgenden Befehl ein:
sudo raspi-config

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Zuerst wählen wir das korrekte Tastatur-Layout. Die entsprechenden Einstellungen befinden sich unter "Localisation Options -> Keyboard". Wähle hier das Layout das zu deiner Tastatur passt. Am wichtigsten ist die Sprache. Die restlichen Einstellungen können im Normalfall belassen werden, wie sie sind.

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Im nächsten Schritt aktivieren wir den Zugang über SSH, damit wir später nicht mehr einen Monitor an den Raspi anschließen müssen, wenn wir die Einstellungen ändern wollen. Der SSH Zugang wird unter "Interface Options -> SSH" aktiviert.

Und als letztes konfigurieren wir das WLAN. Somit kann später über das kabellose Netzwerk zugegriffen werden. Eine Tastatur am Raspberry Pi ist dann nicht mehr nötig. Gib die Zugangsdaten deines WLANs unter "System Options -> Wireless LAN" an.

Jetzt sollten wir gefragt werden, ob der Raspberry Pi neu gestartet werden soll, was wir mit "YES" beantworten.
Nach dem Neustart des Systems loggen wir uns wieder ein und testen, ob die Netzwerkverbindung korrekt konfiguriert wurde. Dazu können wir versuchen Raspberry Pi OS auf den neuesten Stand zu bringen. Das passiert mit den folgenden Befehl:
sudo apt-get update
sudo apt-get upgrade
Sollten Fehler auftauchen, die besagen, dass die Repositorys nicht zugegriffen werden können, dann stimmt etwas nicht mit der WLAN-Verbindung. Kontrolliere in diesem Fall die entsprechenden Einstellungen. Konnte hingegen auf das Netzwerk zugegriffen werden, dann wird das System geupdatet.
Im letzten Schritt dieses Abschnitts suchen wir die IP-Adresse des Raspberry Pi's. Diese brauchen wir, um später über das WLAN darauf zugreifen zu können. Mit dem Befehl ifconfig
werden die entsprechenden Daten der Netzwerk-Schnittstellen aufgelistet. Suche hier nach der IP-Adresse die nach folgenden Muster dargestellt sein sollte: 192.168.X.X

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Hinweis: Diese IP-Adresse kann sich nach dem Neustart des Raspi's ändern. Das hängt vom jeweiligen Router ab. Manche Router vergeben den Geräten im Netzwerk immer dieselbe Adresse. Bei anderen hingegen muss dies expliziet aktiviert werden. Ändert sich die Adresse, können wir nicht mehr auf den Raspi zugreifen. Wie im Router die IP-Adresse dauerhaft für den Raspberry Pi vergeben wird, hängt vom jeweiligen Router ab. Bei meinem Router der Marke TP-Link sieht das wie folgt aus.

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Die Konfiguration von Raspberry Pi OS ist somit abgeschlossen. Die Tastatur sowie der Monitor können vom Raspberry Pi entfernt werden.
Der Zugriff über das Terminal
Jetzt probieren wir ob der Raspberry Pi im Amiga über das WLAN erreichbar ist. Dazu muss der Amiga natürlich eingeschaltet werden. Der Bildschirm am Amiga zeigt immer noch kein Bild an. Dies ist korrekt, da die PiStorm-Erweiterung den Prozessor noch nicht emuliert.
Linux sowie MacOS bringen bereits ein Terminal mit sich. Windows hingegen, braucht eine Extra-Software für die Verbindung über SSH. Wer Linux oder MacOS verwendet, sucht einfach nach dem Programm "Terminal". In dieser Anleitung wird die Verbindung unter Windows 10 aufgebaut. Wir benötigen ein Terminal-Programm, beispielsweise Putty (Download). Wir laden dieses herunter und starten das Programm.

Putty zeigt auf dessen Oberfläche eine Vielzahl an Optionen. Wir brauchen aber lediglich den Zugang per SSH. Also geben wir im Feld "Host Name" die IP-Adresse des Raspberry Pi's an und klicken auf Open. Die Frage, ob wie die Verbindung aufbauen wollen, bestätigen wir mit "Accept".

Wenn alles geklappt hat, sollten wir uns unter Raspberry Pi OS einloggen können und zwar mit demselben Username / Passwort wie vorhin.

PiStorm einrichten und starten
Nun haben wir Zugriff auf den Raspberry Pi über das WLAN. Von hier können wir die PiStorm-Erweiterung einrichten. Als erstes installieren wir einige Abhängigkeiten, mit folgenden Befehl:
sudo apt-get install git libasound2-dev libdrm-dev libegl1-mesa-dev libgles2-mesa-dev libgbm-dev
Dann die eigentliche Software die der Raspberry Pi braucht um den Prozessor zu emulieren:
git clone https://github.com/captain-amygdala/pistorm.git
Ist dies fehlerfrei verlaufen, wechseln wir in den Ordner der soeben heruntergeladenen Software und kompilieren diese:
cd pistorm
make PLATFORM=PI3_BULLSEYE
Jetzt endlich können wir die CPU-Emulation starten. Wenn alles korrekt durchgeführt wurde sollte nach der Eingabe des folgenden Befehls der Amiga starten:
sudo ./emulator

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Hinweis: Der Befehl sudo ./emulator
kann ausschließlich im Ordner "pistorm" ausgeführt werden.
Beendet wird die Emulation mit STRG+C.
Tipp
: Damit der Amiga verwendet werden kann, muss jedes Mal ein PC mit SSH-Zugang gestartet werden. Wenn es aber nur darum geht, die Emulation zu starten, reicht ein SSH-Client auf dem Smartphone vollkommen aus. Es gibt eine ganze Reihe von SSH-Clients für iOS und Android. JuiceSSH ist einer davon. Einfach die App installieren, die Zugangsdaten angeben und wie am PC den Emulator starten.

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Den Amiga ordnungsgemäß ausschalten
Bevor wir zur Konfiguration und zu den zahlreichen Features der PiStorm-Erweiterung kommen, muss zuerst ein Weg gefunden werden, den Amiga ordnungsgemäß auszuschalten. Denn, wenn wir die Stromversorgung am Amiga unterbrechen, wird auch der Raspberry Pi ausgeschaltet. Das kann zu Datenkorruptionen führen. Schreibt der Raspberry Pi nämlich genau in diesem Moment Daten auf die SD-Karte, sind diese mit großer Wahrscheinlichkeit beschädigt. Raspberry Pi OS muss also wie andere Betriebssysteme auch heruntergefahren werden. Das passiert über das Terminal-Programm mit dem Befehl sudo poweroff
.

Anschließend kann der Amiga ausgeschaltet bzw. neu gestartet werden.
